Glocknerblick

Grandios – Hochalpin, ausgesetzt und anspruchsvoll

1.-4.9.22, mit Rainer Pollack – Da die Preisgestaltung der Bahn am Sonntag keinen attraktiven Fahrpeis zuließ, fuhr man „nicht mit der Bahn zum Berg“, sondern leider mit zwei Autos von Erding/Walpertskirchen nach Kolm-Saigurn zum Parkplatz Lenzanger (1.501 m), den man gegen 9:30 Uhr erreichte.

Donnerstag, 1. September

Irgendwie war der Start der Tour wie verhext, der Wetterbericht unpräzise und am Parkplatz nieselte es zuerst und ging dann in einen Dauerlandregen über. Von „Aufreißen“ ab 10 Uhr erst einmal keine Spur. Gegen 10:30 Uhr startete die Gruppe dann bei einer kleineren Regenpause in Richtung Rauriser Urwald, ehe sich die Bergschuhe bei einer Teilnehmerin in Wohlgefallen auflösten und zu einer ungeplanten Einkaufsfahrt nach Rauris führten. Drei wanderten dann zur Gainschniggalm und flüchteten dann erst einmal zur Mittagspause bis 12:30 Uhr in die urgemütliche Hütte zum Aufwärmen.

Gegen halb eins licheten sich die Regenwolken und Rainer gab das Signal zum 2. Start. So gelangte man dann in gut 2 Stunden in vielen Kehren, zuletzt seilgesichert trocken hinauf zum Niedersachsenhaus (2471 m) auf der Riffelhöhe.

Zwischendurch konnte man noch einem Rauriser „Cowboy“ zusehen, wie er die Kühe mit seiner Geländemaschine zum Abtrieb zusammentrieb. Knapp 1 Stunde später waren dann auch die zwei „Shopperinnen“ auf der Hütte. In guter Stimmung und guter Hoffnung auf schönere Tage ging der erste Tourentag zu Ende.

Gehzeit: ca. 3 Stunden, 1.000 Höhenmeter

Freitag, 2. September

Der Wetterbericht versprach stabiles Hochdruckwetter und der Blick aus dem Fenster bestätigte dies gegen halb sieben Uhr. Nach dem Frühstück hieß es aber erst einmal wieder: abwarten. Die Temperaturen waren um den Gefrierpunkt und hatten auf den Tischen der Terrasse eine leichte Eisschicht erzeugt, also keine guten Voraussetzungen für den Pröllweg. Der Pröllweg, benannt nach Prof. Arthur Pröll, Sohn des berühmten Gasteiner Kurarztes Dr. Gustav Pröll, wurde von diesem um 1920 selbst finanziert und geplant.

Am Pröllweg

Die Sonne beschien aber schon den kompletten Gratverlauf zum Herzog Ernst und gegen 9 Uhr konnte die hochalpine Tour, alle ausgerüstet mit Helm und Klettersteigset (sehr hilfreich) starten. Der Pröllweg, besser eigentlich klettersteigähnliche Pröllsteig, zieht sich vom Niedersachsenhaus über die Riffelhöhe (2.696 m) und den Neunerkogel mit schönem Gipfelkreuz (2.828 m) hinauf zum Herzog Ernst (2.933 m), ist mit Drahtseilen und Klammern an den schwierigsten Stellen gesichert und führt stets über den Grat steil und sehr ausgesetzt nach oben. Der ca. 20 cm breite Steig ist teilweise erdig und erfordert sehr sicheres und trittsicheres Gehen und absolute Schwindelfreiheit.

Pröllweg mit Blick zum Niedersachsenhaus

Bis zum Neunerkogel gab es schon das ein oder andere „Pff“, da der Steig mental sehr forderte. Ab dem Neunerkogel wurde das Gelände leichter und die Auskunft von einem Entgegenkommenden, dass die nächsten Passen eisig wären, bewahrheiteten sich glücklicherweise nicht. Zwar waren manche Felsen noch etwas eisig, diese Passagen konnten aber gut umgangen werden. Alle Teilnehmer*innen waren sehr zufrieden, als sie am Herzog Ernst das Panorama bis zum Großglockner genießen konnten.

Am Herzog Ernst

Der lange Abstieg über die Fraganter Scharte (2.753 m), vorbei an alten Bergwerksanlagen und -stollen zum Schutzhaus Neubau/Naturfreundehaus Neubau (2.175 m) war fast ein Bummeln in großartiger Tauernlandschaft. Auf der sonnigen Terrasse konnte man den spektakulären Tag Revue passieren lassen.

Fraganter Scharte
An der Neubau-Hütte

Gehzeit: ca. 5 Stunden, 800 Höhenmeter mit Gegenanstiegen

Samstag, 3. September

Der Wetterbericht versprach am Samstag vormittags gutes Bergwetter und nachmittags Regenschauer und Gewitter. Da die Gruppe zwei Nächte im Neubau (benannt nach einem Bergwerksstollen) verbrachte, war der Rucksack an diesem Tag leicht. 6:30 Uhr Frühstück und gegen 7:30 Uhr ging es dann in vielen Serpentinen mit einigen leichten Kletterpassagen hinauf zur Rojacherhütte (2.718 m), benannt nach Ignaz Rojacher, dem Rauriser Bergwerkspionier. Diese war nach knapp zwei Stunden erreicht.

Maria und Sepp zogen es vor, hier eine lange Sonnenpause einzulegen. Veronika, Ute und Rainer stiegen nach Anlegen von Helm und Klettersteigset in den Sonnblickgrat ein. Dieser ist mit wenigen Klammern und Stäben minimal gesichert und führt hoch über der knapp 1000 Höhenmeter hohen Nordwand über den brüchigen Grat sehr luftig und ausgesetzt in Richtung Zittelhaus.

Am Sonnblickgrat

Früher konnte man den letzten Aufschwung leicht über ein Schneefeld/Gletscherrest umgehen, jetzt muss man auch noch über den letzten Grataufschwung, der die luftige und ausgesetzteste Schlüsselstelle bildet. Gegen 11 Uhr erreichten alle drei überglücklich das Zittelhaus mit Sonnblick-Observatorium (3.105 m), das bereits 1886 erbaut und nach dem damaligen Präsidenten des Alpenvereins benannt wurde.

Auf dem Zittelhaus am Sonnblick

Die Panoramasicht bei bestem Wetter war einmalig und nach einer kurzen Mittagspause im gemütlichen Stüberl mit Kachelofen im Zittelhaus begann der Abstieg (gegen 11:45 Uhr) am Aufstiegsweg. Die ausgesetzten, luftigen Passagen erforderten wieder vollste Konzentration und man war froh, als die Rojacher Hütte wieder in Sicht kam.

Konzentration erforderlich

In der Zwischenzeit waren von Westen Wolken aufgezogen und hatten den Himmel verdunkelt. Etwa eine halbe Stunde unterhalb der Rojacher Hütte begann dann leichter Regen, der bis zum Schutzhaus Neubau anhielt und auch bis spät nach Mitternacht dauerte. Zufrieden stieß man am Abend – wie am Vorabend für das Meistern des Pröllwegs – mit einem Zirbenschnaps auf den gelungenen Tag an.

Gehzeit: ca. 6 Stunden, 1.050 Höhenmeter mit Gegenanstiegen.

Sonntag, 4. September

Nach einem gemütlichen Frühstück wanderte man über die Melcherböden hinaus zur Durchgangsalm und nach einer Zusatzrunde im herrlichen Rauriser Urwald gelangte man wieder zum Parkplatz Lenzanger, von wo aus die unproblematische Rückfahrt erfolgte.

Gehzeit: ca. 2 ½ Stunden, 700 Höhenmeter Abstieg.

Abmarsch

Vier sehr anspruchsvolle Tage gingen zu Ende. Die Begeisterung hierüber war den Teilnehmer*innen ins Gesicht geschrieben, waren es doch teilweise neue Erfahrungen. Die Erlebnisse werden sicherlich Gegenstand von vielen künftigen Erzählungen sein. Den Dank für die umsichtige Führung freute Rainer natürlich sehr. Die Unterbringung in beiden Hütten war gut.

Teilnehmer: Maria Oehler, Ute Kashoa, Veronika Eisner, Sepp Kirmair
Tourenleitung: Rainer Pollack

Archive