Gletscherkurs 2023

Ausbildung mit Hindernissen

10.-12.7.23, mit Hans Sterr – Wenn kurz vor einem Kurs der zweite Tourenleiter ausfällt: Soll ich jetzt der Hälfte der Teilnehmenden absagen oder notgedrungen den Kurs alleine durchführen? Ich entscheide mich für zweites. Und informiere die 11 Teilnehmenden, dass sie halt mit ein paar Einschränkungen werden leben müssen …

Wir treffen uns (weil wir auf verschiedenen Wegen anreisen) auf der Bielerhöhe am Silvretta-Stausee. Von dort starten wir unseren Aufstieg zu unserem Domizil der nächsten Tage, der Wiesbadener Hütte.

Am Silvrettastausee

An einem geeigneten Wegpunkt machen wir die ersten Orientierungsübungen mit Karte, Höhenmesser und Kompass. Wo genau sind wir und wie heißen die umliegenden Berge? Mit Hilfe des Kursleiters finden es alle Gruppen heraus.

Aufstieg im Ochsental

Dann geht es weiter hinauf. Wir beziehen unsere Unterkunft und machen Mittagspause. Danach geht es an die ersten Erfahrungen am Seil: Seilschaftstechnik, richtiges Anseilen, Abstände und Bremsknoten, Gehen am Seil, Kurvengehen und zuletzt auch das Ausgeben und Aufnehmen des Seils. Im Flug vergeht die Zeit des ersten Tages.

Anseil-Übungen
Auch das Aufnehmen des Seils will gelernt sein

Der zweite Tag führt uns hinauf auf den Gletscher – zumindest zu dem, was von ihm noch übrig ist. Der Kursleiter nimmt die rasante Abschmelzung doch überrascht zur Kenntnis – einen solchen Rückgang hatte er sich seit seinem letzten Besuch hier nicht erwartet. Fast zwei Stunden müssen wir von der Hütte aufsteigen, um ihn zu erreichen.

Morgenstimmung an der Wiesbadener Hütte

Zunächst üben wir das Gehen mit Steigeisen und den Gebrauch des Pickels, zwei der wichtigsten Hilfsmittel am Gletscher. Klappt sehr schnell sehr gut!

Steigeisentechnik: Üben in der Gruppe

Dann wird in drei Seilschaften angeseilt, der Kursleiter hat immer alle im Blick. Die Trockenübungen von gestern zahlen sich jetzt aus – das richtige Anseilen und Gehen am Seil klappt schon recht gut.

Aufstieg in Seilschaften
Unser Übungsgelände unter der Dreiländerspitze

Wir erreichen unseren Übungsplatz an der Oberen Ochsenscharte. Der Windkolk ist zwar auch schon stark abgeschmolzen, für die Spaltenbergungsübungen reicht es aber noch.

Am Windkolk

Wir üben das Halten des Spaltensturzes, den Aufbau des Fixpunktes mit Pickel („Toter Mann“) und Eisschrauben und die Bergung des in eine Spalte Gestürzten sehr ausgiebig. Am Ende beherrschen es alle Seilschaften so gut, dass die Bergung unter sechs Minuten abläuft. Super!

Sturz gehalten!
Dann den „Toten Mann“ eingraben …
… das Bergungsseil zum Gestürzten werfen …
… und ihn aus der Spalte holen

Danach üben wir noch die einfachste Art der Spaltenbergung: Den Mannschaftszug. Das klappt so gut, dass manche regelrecht aus der Spalte katapultiert werden …

Mannschaftszug klappt gut: Plopp aus der Spalte – zur Überraschung des Geborgenen

Dann steigen wir den Gletscher wieder hinab. An dessen Ende findet der Kursleiter noch ein geeignetes Gelände für die Sturzübungen: Wie fange ich meinen eigenen Sturz ab? Rückwärts, seitwärts und kopfüber (sowie mit großer Gaudi) werden die Stürze immer wieder geübt. Nicht jeder kommt so schnell zum Stillstand wie selber gedacht …

Danach geht es hinunter zur Hütte. Nach dem Essen geht es aber nochmal weiter: Die Teilnehmenden planen in drei Seilschaften je eine Bergtour von der Hütte aus und tragen den anderen dann ihre Planungen vor. Wurde alles bedacht? Klingt alles schlüssig? Wo sind die Gefahrenstellen? Diese Fragen können von allen Gruppen zur Zufriedenheit gelöst werden, bevor wir den Abend ausklingen lassen.

Tourenplanung

Der dritte Tag sollte dann eigentlich einer echten Tour zum Silvrettahorn gehören, aber das Wetter hat anderes vor. Der Wetterbericht ist eindeutig: „sehr ungünstiges Bergwetter mit einem relativ hohen Gefahrenpotential“. Das gehört dann für uns auch zur Ausbildung: Bei so einem Wetter geht man nicht auf einen Gletscherberg.

Statt auf einen Berg steigen wir deshalb ab zum Parkplatz. Der Kursleiter verabschiedet eine hoch motivierte, disziplinierte (danke!) und immer lustige Kursgruppe nach Hause.

Die Gletscherprüfung bestanden haben Walter Daimer, Irene Drexl, Yusuf Gökkaya, Lukas Huber, Andreas Kraus, Antje Lohrmann, Beatrice Möstl, Reinhard Neudecker, Martin Wegmeier sowie Martin und Nina Wöhrle

Kursleitung, Fotos, Bericht: Hans Sterr

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