Auf Karwendel-Durchquerung

Edelweiß und Nostalgie

Zum Schluss waren wir acht – ein Teilnehmer musste am letzten Tag vor der Tour wegen einer Corona-Infektion absagen – die umweltfreundlich am Freitag um 7:40 Uhr mit der S-Bahn nach München starteten.

Freitag, 8.7.2022: Anstieg zur Falkenhütte sowie optional Mahnkopf

Am Hauptbahnhof war dann mehr als genügend Zeit für einen Kaffee, denn wir waren vorsichtshalber eine S-Bahn früher gefahren als notwendig.

Zuganfahrt

Wir mussten nämlich unbedingt den Zug der Bayerischen Regionalbahn nach Lenggries um 9:04 Uhr erwischen und dort den „Bergsteigerbus“. Der war der einzige an diesem Tag, darum die Vorsicht mit der frühen Abfahrt. Der Bus ist bis zur Grenze mit dem 9 Euro Ticket kostenlos, aber für die Strecke in Österreich bis zur Haltestelle am Eingang des Johannestales mussten wir extra bezahlen. Wie von Conny geplant, starteten wir um halb zwölf Richtung Johannestal.

Die Teilnehmer der Karwendeltour am Start

Das Johannestal beginnt mit einer spektakulären Schlucht, was uns etwas darüber hinwegtröstete, dass der Weg hinein eine Fahrstraße war. Das war leider am ersten Tag bis zur Falkenhütte meistens der Fall.

Die Schlucht am Beginn des Johannestals

Für die erste Rast fanden wir oberhalb der Fahrstraße einen schönen Platz und daneben einige Exemplare der Türkenbundlilie. Der Platz war gut gewählt, denn kurz darauf fuhren zwei voll beladene Holzlaster ins Tal.

Bei der ersten Rast oberhalb der Fahrstraße ins Johannestal

Als wir endlich meinten, auf einem guten Wanderweg und nicht auf einer Straße unterwegs zu sein, stand plötzlich ein riesiges Fahrzeug vor uns, dessen Fahrer uns erklärte, dass er den Weg reparieren wolle, denn der sei durch einen starken Regen kurz zuvor stark beschädigt worden.

Das Reparaturfahrzeug
Bei einer Baumgruppe am kleinen Ahornboden

Der kleine Ahornboden, den wir bald darauf erreichten, konnte allerdings nur wenige alte „Ahörner“ bieten, viele junge Bäume waren vor Verbiss geschützt, denn dort weidete Jungvieh. Es wird also noch etwas dauern, bis sie so groß sind wie auf dem Foto.

Kurz nach vier erreichten wir die vollkommen renovierte Falkenhütte. Jetzt begann für Conny die „Verwaltungsarbeit“ – denn wir wollten das Angebot ausnutzen, auf der Falkenhütte als Lohn unserer Anfahrt komplett mit öffentlichen Verkehrsmitteln kostenlos zu übernachten. Dazu musste sie allerdings ein umfangreiches Formular mit allen Daten der Teilnehmer ausfüllen – diese selbst hatten es bedeutend leichter, mussten sie doch nur bestätigen, kostenlos zu übernachten. Möglich macht dies die Aktion „Freie Nacht fürs Klima“, an der fünf Hütten teilnehmen und die vom DAV Klimafonds gefördert wird. In diesen zahlen die Sektionen und Landesverbände pro Vollmitglied einen Euro ein, womit besonders kreative und inspirierende Klimaschutzprojekte unterstützt werden.

Für die, die wollten, stand noch der Mahnkopf (2094m) auf dem Programm, der als Blumenberg bekannt ist.

Blumenwiese
Auf dem Weg zum Mahnkopf unterhalb des Ladizköpfl

Allerdings war der Weg dorthin dank des dort weidenden Jungviehs recht matschig, im mittleren Teil über Felsen etwas anspruchsvoll und weiter als zuerst gedacht. Die Mahnkopfbesteiger kamen dann aber doch noch rechtzeitig zum Abendessen zurück.

Auf dem Gipfel des Mahnkopfes

Die offizielle DAV Hüttenruhe um zehn spielte an diesem Tage keine Rolle mehr, denn um neun lagen fast alle von uns schon in den Lagern.

Samstag 9.07.2022: Falkenhütte – Lalidersalm Niederleger – Gamsjoch – Hohljoch – Eng

Der Tag beginnt mit einem guten Frühstück um 7.00 Uhr. So kurz nach acht geht’s los, laut Wetterbericht sollte es sonnig sein, aber es war bewölkt . Von der Falkenhütte (1851 m) geht es über eine Kuhwiese hinab zur Lalidersalm Niederleger (1529 m). Von dort geht es wieder hoch über einen dichtbewachsenen Weg durch wunderbare Blumenwiesen. Unterwegs hat Mike mit seinem top-modernen Mobiltelefon einen Vorgänger des QR-Codes versucht zu entschlüsseln, was nicht gelang.

QR Code Entschlüsselung?

Auf dem Weg begegnen wir vielen Murmeltiere und Gemsen, den Murmeltieren konnte man sich bis auf 5 Meter nähern, ohne dass sie weglaufen. Die Tiere wissen offensichtlich, dass sie im Schutzgebiet nicht gejagt werden, sie warnen nicht mal mit einem Schrei.

Murmeltier

Auf dem Gumpenjöchl wurden dann ein paar Rucksäcke deponiert und es ging weiter, vorbei an vielen Edelweißen auf das Gamsjoch (2438 m).

Edelweiß
Auf dem Gamsjoch

Nach einer Pause ging es zurück zu den deponierten Rucksäcken und über die Lalidersalm Hochleger knieschonend, aber lang runter in die Eng.

Blick zurück zum Gamsjoch

 An der Engalm (1233m) sind wir um fünf Uhr angekommen und wir gönnten uns ein Getränk/Kuchen nach dem langen Abstieg (gut 1600Hm). Nach dieser Stärkung hatten wir es nur noch kurz zu unserer Unterkunft, dem Alpengasthof Eng. Hier nutzen die Damen den Wellness-Saunabereich. Mit einem guten Abendessen mit Schnitzel, Salat, Burger und Marillenknödel wurde der Tag beschlossen, an dem wir viele Murmeltier (ca. 15), Gemsen (ca. 30) und viele Blumen wie Edelweiß, Enzian, Arnika usw. gesehen haben. Nur einen Steinbock hatten wir nicht gesehen, dafür hatte Constanze beim Abendessen ein T-Shirt mit einem Steinbock drauf an.

Sonntag, 10.7.2022: Eng – Lamsenjochhütte

Der weitere Verlauf der Tour ist gut zu sehen: unten Gasthaus Eng, geradeaus Anstieg zum Lamsenjoch, Gipfel Montag Sonnjoch (links)

Aufgrund schlechten Wetters starteten wir unsere Tour erst gegen 9:30 Uhr. Tatsächlich hörte der Regen um diese Uhrzeit auf, wie vom Kellner gestern prophezeit. Allerdings nur für kurze Zeit, dann begann es anhaltend zu nieseln. Wir änderten unseren Plan und gingen -ohne Umwege- direkt zur Lamsenjochhütte. Gefühlt regnete es bei manchen mehr (Schirm), bei manchen weniger (kurze Hose).

So unterschiedlich kann das Regenempfinden sein

Unterwegs sahen wir wieder viele Gemsen und mindestens 6 Bergsalamander, die man ja nur bei feuchter Witterung zu sehen bekommt.

Bergsalamander

Nach circa 2,5 Std. ,780 Hm und 5,7 km erreichten wir die Hütte halbwegs trocken.

Blick zur Lamsenjochhütte vom Lamsenjoch aus

Geplant war für einen Teil der Gruppe der Klettersteig zur Lamsenjochspitze, die anderen wollten zum Hahnkampl. Da sich das Wetter nicht besserte, war keine dieser Touren sinnvoll. Das Lager hätten wir gerne zum Ruhen genutzt, durften aber erst ab 16 Uhr hinein. Im ungeheizten Nebengebäude hatte es die gleichen 7 Grad wie draußen, so verbrachten wir den restlichen Tag in der Hütte am Kaminofen.

Nebengebäude Hochnissl

Montag, 11.7.2022: Lamsenjochütte über Hahnenkampl aufs Sonnjoch, runter zur Gramaialm

Die Daten (von Tobias):

6 km, 3:10 h von Hütte über Hahnenkampl aufs Sonnjoch. 881 hm rauf, 391 hm runter. Davon Gramai Hochleger bis Sonnjoch: 1:40 h.
Zusätzlich Sonnjoch bis Gramaialm: 5,5 km, 2:15 h, 3hm rauf, 1187 hm runter.

Die Nacht im Hochnissl-Lager der Lamsenjochhütte war doch frischer, als wir erwartet haben. Gut, dass es nur halb gefüllt war, so dass einige von uns Zusatzdecken von den freien Lagerplätzen nehmen konnten und wir es etwas wärmer hatten.
Am Morgen gibt es auf dem Weg zum Hauptgebäude für einige eine schöne Überraschung: Gemsen keine 10 Meter von der Hütte entfernt. Und dazu der blaue Himmel, der uns nach dem nasskalten Vortag hoffen lässt, dass wir heute nochmal die tolle Aussicht im Karwendel genießen können.

Morgenstimmung

Das Frühstück gestaltet sich etwas hektisch, da man erst ab 7 Uhr etwas bekommt und wir um 8 Uhr spätestens starten wollen. Und da es auch noch Toast zum Selbertoasten sowie recht klebrige Käsescheiben gibt, dauert es ziemlich lange, bis alle Hüttengäste sich am Buffet bedient haben. Nach etwa 20 Minuten sitzen wir alle am Tisch und überlegen, welche Tour wir für den Abstieg wählen und ob zwei Klettersteiggeher noch auf die Lamsenspitze gehen oder nicht. Letzteres ist schnell vom Tisch, da die Felsen noch etwas nass sind und das Ganze sonst zeitlich knapp werden könnte. Stattdessen teilen wir uns in zwei Gruppen auf: eine Gruppe will über das Hahnenkampl und den Gramai Hochleger gehen. Und die andere Gruppe zollt den Anstrengungen der letzten Tage Respekt und steigt direkt zur Gramaialm ab, wo wir uns wieder zu Kaffee & Kuchen treffen wollen.

Morgenappell

Nach einem sonnigen Aufbruch rücken die Wolken wieder näher und wir einigen uns auf: Nebelmeer, Wolkenmeer, gar nichts Mehr. Zu letzterem kommt es zum Glück nicht. Doch die Aussicht vom Hahnenkampl ist sicher an manch anderen Tagen besser. Immerhin finden wir einen Fotografen für unser obligatorisches Gipfelfoto im Nebel.

Gipfelfoto Hahnenkampl

Schon beim Abstieg leuchtet die Sonne dezent durch die Wolken, so dass wir uns eher an den Mond erinnert fühlen.

Sonne oder Mond?

Und auf dem Weiterweg zum Gramai Hochleger kommt dann der Gipfel des Hahnenkampls auch komplett heraus. Tja, Timing wäre alles.

Da wir super in der Zeit sind, fragen wir uns: sollen wir noch das Sonnjoch mitnehmen oder nicht? Um uns die Entscheidung und den Aufstieg zu erleichtern, deponieren wir etwas oberhalb des Gramai Hochlegers die schweren Inhalte unserer Rucksäcke und stärken uns für die nächsten knapp 800 Höhenmeter.

Aufstieg zum Sonnjoch

 Unser „Point of (no) Return“ heißt 11:30. Denn dann wollen wir rumdrehen, um rechtzeitig für die Weiterfahrt mit dem Nostalgiebus auf der Gramaialm zu sein. Auf einem schönen, schmalen Pfad steigen wir Kurve um Kurve nach oben. Unterwegs beschließt eine Teilnehmerin, sich lieber in den nächsten zwei Stunden den Blumen und den Ausblicken zu widmen, als noch weiter aufzusteigen. Mit der Zeit wird der Weg immer schotteriger und der Berg gleicht mehr und mehr einem Schutthaufen. Doch die Mühen lohnen sich: Steinböcke! Tobias, unser „Luchs“, macht insgesamt 4 Tiere aus.

Wo sind sie denn zu sehen?

Und die Aussicht vom Gipfel ist ähnlich atemberaubend wie vom Hahnenkampl: ringsum alles weiß!

Wieder nur weiß um uns herum

11:29 sind wir am Gipfel, nur 10 Minuten später geht es zurück ins Tal. Noch ein kurzer Abstecher zu unserem Rucksackdepot, dem die Kühe verdächtig nahe gekommen sind. In Summe liegen fast 1200 Höhenmeter Abstieg vor uns. Während es bis zum Gramai Hochleger noch recht human zugeht, ändert sich die Situation dort: Einen grobschotterigen Weg mit teilweise etwa 30 Grad Neigung heißt es mit der nötigen Ruhe und Vorsicht abzusteigen. Und natürlich dabei noch auf eine knieschonende Art und Weise achten. Immerhin bietet der Wasserfall am Wegesrand eine willkommene Einladung zum Anhalten und Beine lockern. Als wir endlich auf dem normalen Weg ankommen, läuft uns beim Gedanken an Kaffee und Kuchen auf der Gramaialm schon fast das Wasser im Mund zusammen. Denn wir haben noch etwa eine Stunde, bis der Bus nach Pertisau startet.
Ein großes Hallo ist natürlich fällig, als wir die andere Gruppe auf der Gramaialm treffen und uns über die Erlebnisse des Tages austauschen.

Und während wir auf die Abfahrt unseres 63-jährigen Nostalgiebusses warten,

Nostalgiebus

besorgen einige noch Brot und Käse und andere sind ganz fasziniert vom Odelspritzer mit etwa 30 Metern Reichweite.
In Pertisau angekommen spazieren wir noch etwas an der Uferpromenade entlang auf der Suche nach einer Erfrischung im Achensee: zunächst kühlen wir die Füße im See ab, bevor wir uns sicherheitshalber in der Sonne dehnen und gönnen uns zum Abschluss noch ein Eis beim Warten auf den Bus nach Tegernsee. Dort kommen wir pünktlich an und erreichen den Zug nach München, von wo wir mit der S-Bahn Richtung Erding starten. Nach vier Tagen sind wir gegen 21 Uhr wieder zurück.

Übersichtskarte

Tourenleitung und Orga: Constanze Klotz

TeilnehmerINNEN: Ute Kashoa, Sladjana Gutsche, Waltraud Patermann, Heike Johannes, Michael Grötsch, Tobias Krüger, Wolfgang Mayr

Bericht und Bilder: Constanze, Wolfgang, Tobias, Ute, Heike

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