Warum schmeckt selbst gebackenes Brot am besten?

Vom Schabziger Klee bis zum Schleifen, vom Kneten von 20 kg Teig bis zum Aschefetzen – spannende Tage im Tassenbacherhof im Pustertal/Osttirol

10.-12. Mai 2019, mit Rainer Pollack

Freitag, 10. Mai
Start war am Freitag zwischen 14 und 15 Uhr in Erding. Um etwa 19 Uhr waren alle Teilnehmer*innen beisammen und nahmen von Margit Aigner die sehr gut ausgestattete und sehr große Ferienwohnung im historischen und herrlich restaurierten Tassenbacherhof in Tassenbach bei Sillian in Empfang.

Zur Begrüßung hatte Frau Aigner bereits eine Linzer (nicht Lienzer!) Torte gebacken. Eine sehr nette Geste! Die Torte wurde gleich gekostet. Untergebracht waren wir in der „Tate & Mome Kommr“, „Gitschn Kommr“, „Bubn Kommr“ und in der „Knechte Kommr“. Nach einem gemeinsamer Brotzeit und der Besprechung über den Ablauf der nächsten Tage gingen wir zum gemütlichen Teil des Abends über. Ein Teil nahm gleich die Sauna in Beschlag.

Samstag, 11. Mai
Nachdem der Wetterbericht für den Nachmittag eine Kaltfront mit Wettersturz vorhergesagt hatte, frühstückten wir recht früh und konnten so bereits um 8:45 Uhr ins Villgratental zur Unterstalleralm fahren. Nun wanderten wir hinauf zur Oberstaller Alm und waren doch überrascht, wieviel Schnee ab ca. 1800 m noch lag. Ein geplanter Übergang zur Kamelisenalm konnte daher nicht durchgeführt werden. So setzten wir unseren Weg ins landschaftlich eindrucksvolle Arntal fort, bis das Schneestapfen zu mühsam wurde. Nach einer kurzen Rast gingen wir mit einer kleinen Tourenvariante zurück zum Parkplatz, den wir gegen 11:45 Uhr wieder erreichten.

Eine Mittagseinkehr gab es dann an der österreichisch-italienischen Grenze in Arnbach in der Puschterer Alm, die uns sehr gut gefiel. Da der Tassenbacherhof nicht weit vom Waffelspezialisten Loacker entfernt ist, nutzen wir die Gelegenheit, unsere Süßigkeitenvorräte massiv aufzustocken.

Bevor der Brotbackkurs gegen 16 Uhr startete, hatte jeder noch die Gelegenheit, entweder die Sauna zu nutzen oder gemütlich zu lesen oder ein Mittagsschläfchen zu halten. Mittlerweile hatte uns auch die Kaltfront mit Dauerregen erreicht.

Nun startete Frau Aigner den fulminanten Brotbackkurs. Damit wir viele Varianten kennenlernen konnten, hatte Frau Aigner zusätzlich zu den haushaltsüblichen Backherden auch noch den mit Buchenholz befeuerten Brunner-Holzofen eingeheizt. In der Hofkuchl sah es dann sehr schnell wie in einer professionellen Backstube aus. Am großen Arbeitstisch stapelten sich schnell die Teigwannen, Emailgefäße und -backformen, Peddingrohrkörbchen, Gewürze, verschiedenen Mehlsorten und Dutzende Schüsseln.

Geknetet und gebacken wurden insgesamt sechs Sorten, sowie noch ein toller Brotaufstrich aus Schnittlauch, Quart, Mascarpone und Worcestershiresauce zubereitet.

Zuerst erklärte Frau Aigner uns, wie man Sauerteig ansetzt, verarbeiten und auch eingefroren verwenden kann. Damit jeder das zuhause perfektionieren kann, bekam er jeweils ein Pfund Sauerteig am Sonntag gleich mal mit.

Der geneigte Leser wird sich nun fragen, wieso ein Brotbackkurs in Osttirol – vier Stunden von der Heimat entfernt? Des Rätsels Lösung ist ganz einfach. Bei der letzten Wander-Sektionstour im Herbst 2018 unter der Tourenleitung von Rainer waren alle Teilnehmerinnen vom selbst gebackenen Bauernbrot vom Gannerhof in Villgraten begeistert. Leider bietet der Gannerhof selbst keinen Kurs an, aber mit der herzlich gastfreundlichen Frau Aigner und dem Tassenbacherhof wurde ein sehr gutes Ersatzziel gefunden. Und – das Osttiroler Brot schmeckt einfach ganz anders und der Einfluss auch des nahen Südtirol kann nicht geleugnet werden.

So wurden folgende Teige geknetet: Osttiroler Breatl, Vintschgerl (in rauen Mengen), Baguette, Bäckersonne, schnelles Walnussbrot, Roggenwecken (Roggenbrot mit Sauerteig). 20 kg Roggen-, Buchweizen („Hadn“)-, Dinkel- und Weizenmehl, wurden verarbeitet. Dazu wurden noch diverse Kerne, Hefe (in Österreich Germ) verarbeitet. Das Mörsern einiger Brotgewürze, u.a. des „Zigainer Krauts“ – darf man das überhaupt noch so sagen – sorgte für einen fantastischen Gewürzdurft. Sprachlich korrekt heißt das Gewürz Schabziger Klee. Einige waren der Meinung, es rieche wie Matetee …

Da wurden Teigkugeln geschleift, Vintschgerl aus dem relativ flüssigen Teil mit zwei Löffeln ausgestochen und locker (locker!) im Mehl gewendet und sehr schnell verarbeitet, da Roggenteig nicht länger als 10 min. nach der Verarbeitung vor dem ins-Ofen-Schieben rasten darf. Herausfordernd war das Osttiroler Breatl, das klassische Hausbrot, das schnell als kleine Laibe auf das mit einem langen Leintuch bespannten Holzgestell gebracht werden musste. Margit Aigner ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, auch wenn mehrere Bleche gleichzeitig im Backvorgang waren.

Der Holzofen, der über 350 Grad hatte, musste erst von der Asche befreit und mit einem feuchten Lappen (Aschefetzen) gewischt werden, bevor die Roggenwecken eingeschossen werden konnten. Und dann ging alles sehr schnell. Auch die Osttiroler Breatl mussten vom Leintuch auf den Ofenschieber gebracht werden und dann das Ofentürl aufgemacht werden, das Breatl reingeschoben und das Türl schnell wieder zu gemacht werden. Heiß war es in der Kuchl und es roch so unvergleichlich gut, dass die ersten Vintschgerl schnell probiert werden mussten, obwohl sie normal nach dem Backvorgang erst noch mal auskühlen sollten. Wer kann da widerstehen?

Nach gut vier Stunden war die gesamte Brotpalette aus den diversen Öfen gezogen und alle waren begeistert, wie schön das alles aussah. Auch die Brotprobe danach ergab das Prädikat „hervorragend“. Im Gewölbe des Tassenbacherhofs hatte Frau Aigner bereits eine festliche Tafel hergerichtet. Begleitet von hausgemachtem exzellenten Speck vom hofeigenen Mangalitzaschwein, vielen Käsesorten und indiviuell ausgesuchten Weinen wurde bis spät in die Nacht über das Brotbacken, den Osttiroler Tourismus und seinen Herausforderungen diskutiert.

Sonntag, 12. Mai
Es hatte bis ca. 1.400 m hinuntergeschneit. Nach einem ausgiebigen Frühstück mit eigenem Brot fuhren wir dann nach Matrei und unternahmen noch eine kleine Wanderung zur St. Nikolauskirche und nach Waier und Ganz, ehe die unproblematische Heimfahrt nach Erding erfolgte. Fazit: ein wunderbares Quartier mit einem Brotkurs, den wir so schnell nicht werden vergessen. Gespannt sind wir alle darauf, wieviel künftig in den Küchen der acht Teilnehmerinnen Osttiroler Brotrezepte gebacken und wieviel Nachbarn dann nachfragen werden: was riecht denn da so gut?

Herzlichen Dank an Frau Aigner für den lehrreichen Kurs, das tolle Ambiente und allen Teilnehmer*innen, die mit „Laib“ und Seele dabei waren.

Teilnehmer: Doris, Louisa, Sabine, Steffi, Ute, Alex, John, Rainer
Tourenleitung: Rainer Pollack

Archive