Skihochtouren in der Osttürkei

Großes Bergabenteuer der HTG

13. bis 21. April 2024: Mt. Artos (3537 m),  Mt. Süphan (4058 m),  Ararat (5137 m)

Alpenkranzl Erding, Hochtourengruppe:
Constanze Klotz, Wolfgang Lex, Mehmet Özbey, Rainer Preis, Christian Reischl, Renate Resch, Rudi Riepl, Sabine Rübner, Stefan Schächer, Christoph Weber

Als Mehmet nach dem Stammtisch im vergangenen Oktober so nebenbei sagte „ich würde gerne auf den Ararat gehen, meint ihr, da hat jemand Lust mitzukommen“ hat er wohl kaum mit diesem Echo gerechnet. Und zwischendurch hat er es vielleicht sogar bereut 😉 so viele Fragen und Informationen, die im Vorfeld geklärt werden sollten, naja diese türkische Gelassenheit, dass es schon passen wird, hat eben nicht jeder.

6 Monate später war es dann endlich soweit. Am Samstag, den 13. April 2024, um 5 Uhr morgens trafen wir uns am Flughafen München Terminal 1C.  Alle waren perfekt vorbereitet, es wurde neue Ausrüstung angeschafft, manches ausgeliehen und natürlich vorher alles ausgiebig getestet. Nach dem Einchecken und der Aufgabe des kompletten Sperrgepäckes stiegen wir entspannt in den Flieger Richtung Istanbul. Entspannt war es nur in München, ganz anders nach unserer Landung in Istanbul. Dort hieß es zur Gepäckausgabe sprinten, weiter zur Sperrgepäckausgabe, dann quer durch den ganzen Flughafen, immer mit völlig überladenen Gepäckwagen, rein in Aufzüge, wieder raus und weiter, verloren gegangene Gepäckstücke einsammeln und hinterher. Dank der Verhandlungen, Bitten, Wünschen und Schalterwechsel durch Mehmet in Türkisch hat es dann irgendwie geklappt, dass wir alles rechtzeitig neu aufgegeben hatten und völlig geschafft und verschwitzt in den Flieger nach Van stiegen.

Constanze hat die Kontrolle über das Gepäck

Puhh, das ging ja schon ziemlich aufregend los und obwohl wir tolle Sicht hatten und aus dem Flieger unsere ersten beiden Skitourenziele, den Mount Artos und den Mount Süphan, sowie den riesigen Vansee sehen konnten, war da immer noch das flaue Gefühl „sind unsere Ski wirklich dabei ???“ Auch nach dem Aussteigen, hat es gefühlt eine Ewigkeit gedauert, bis wir endlich das Sperrgepäck mit unseren Ski in Empfang nehmen konnten. Jetzt konnte es losgehen!

Blick aus dem Flieger auf den erloschenen Vulkan Mount Süphan mit seinem großen Kraterrand und See

Vor dem Terminal wartete bereits unser Guide „Yildirim“ auf uns und brachte uns mitsamt dem ganzen Gepäck zu unserem Hotel in der Innenstadt von Van. Nach Bezug der Zimmer hatten wir noch etwas Zeit durch die Stadt zu schlendern und einen ersten Chai zu trinken. Abends ging es dann in das beste Lokal der Stadt „Urartu Han“ – ein toller Start für unsere Reise.

Chai trinken in der Innenstadt von Van
Abendessen im Urartu Han

Nach einer anstrengenden gestrigen Anreise und kurzer Nacht in Van stand am Sonntag, den 14.4., bereits unsere erste Akklimatisationstour auf dem Programm. Das Ziel der Skitour, der Gipfel des Artos, liegt direkt am Südufer des Vansees (Van Gölü).

Wir fuhren bei bestem Wetter nach der Gepäckverladung mit dem Minibus nach Gevas und von dort aus über eine holprige Schotterpiste noch etwas höher bis fast zum Auslauf der langen nordseitigen Lawinenrinne – unserem Startpunkt der Tour.

Nach einem kurzen Fußmarsch

erreichten wir die eben erwähnte Lawinenrinne,

die anfangs noch zu Fuß aufgestiegen wurde.

Wir orientierten uns Richtung Süden auf die enger werdende Rinne zu. In mehreren Stufen erreichten wir mittelsteil zwischen Felsen eine Rinnenverzweigung.

Links ging es etwas flacher in einem weiten Rechtsbogen über den längeren Normalanstieg auf den ostseitigen, breiten Gipfelrücken. Bei günstigen Bedingungen konnte man gerade südwärts über die etwas steilere Rinne ansteigen (direkte Variante). Trotz guter Bedingungen wählten wir aber die sichere Variante. Bei einer höheren Verzweigung wählten wir nicht die einladende rechte Rinnenfortsetzung, sondern den linken rinnenförmigen Steilhang,

der in wenigen Kehren zur Abflachung ins große Gipfelkar hinaufführte. Hier legten wir erstmals eine Pause ein und genossen den Ausblick auf den Vansee. Die breiten mittelsteilen Hänge wurden in Kehren zum flachen Kargrund überwunden.

In einem Rechtsbogen stiegen wir über steiler werdende Hänge zu einem kleinen Sattel im überwechteten Westgrat des Artos hinauf.

Nun ging es flach über den Westgratrücken

in kurzen Kehren auf die Gipfelkuppe (3537 m)  mit kleiner Gipfelmarkierung.

Oben angekommen wurden wir mit einem Ausblick auf die hohen Berge Ostanatoliens, unter anderem dem dritthöchsten Berg der Türkei, dem Süphan (4.065 m) – unserem morgigen Ziel – am gegenüberliegenden Nordufer des Vansees belohnt. Nach einer ausgiebigen Gipfelrast mit zahlreichen Gipfelfotos erwartete uns eine variantenreiche Firnabfahrt als Schmankerl.

Zunächst fuhren wir an der Aufstiegsroute entlang des Westgratrückens ab bis wir einen überwechteten Bereich erreichten, der eine spannende Steilabfahrt versprach. Nach kurzem Festigkeits-Check der Wechte durch Yildirim, unserem Guide,

bekamen wir grünes Licht für die Abfahrt. Anfangs musste kurz über die Wechte in den Hang hineingesprungen werden – welch Adrenalinkick J. Danach ging es bei bestem Firn und Blick auf den Vansee in kurzen Schwüngen den Steilhang bis ins Kar hinunter.

Auch die restliche Abfahrt, anfangs westlich, später entlang der Aufstiegsroute bot  grandioses Fahrvergnügen.

Erst deutlich weiter unten in der enger werdenden Rinne wurde der Schnee durch die tageszeitliche Erwärmung schwerer, so dass die letzten Meter im Sulz bis zum Lawinenstich abgefahren wurden.

Im Lawinenstich ging es in kurzen Schwüngen fast bis zum Ausgangspunkt unserer Tour zurück. Die letzten Höhenmeter wurden zu Fuß bewältigt.

Im Anschluss fuhren wir weiter zu unserem Hotel in Adicevaz am gegenüberliegenden Nordufer des Vansees. So waren  wir unserem nächsten Skitourenberg, dem Süphan, schon näher. Vor dem Check-in im Hotel kehrten wir noch kurz in einem Restaurant auf einer Klippe des Vansees mit schönen Ausblicken ein.

Bei unserer Ankunft im Hotel war es bereits dunkel. Ein schöner erster Skitourentag ging zu Ende.

Für die Statistikfreaks (Bild zeigt die Abfahrt vom Artos mit der Stadt Gevas, dem Vansee und dem Berg Süphan im Hintergrund):

Süphan, 4065 m ü.N.N.

Der Wetterbericht meldete „unbeständig“ für Montag (15.4.), ab Mittag Regen. So legte unserer Guide Yildirim die Abfahrt des Buses auf 5 Uhr fest. 3:45 aufstehen. Frühstück gab es im obersten Stock dieses Hauses, da hätte man wohl Sicht, wenn es nicht noch dunkel gewesen wäre . Die Bergspechte, also die andere Reisegruppe mit Skitouren- und Schneeschuhgehern war bereits da. Als die letzten unserer Gruppe zum Frühstück kamen, war nicht mal mehr Besteck für sie übrig. Auch das Buffet war recht leer, Oliven, Tomaten, Schafskäse in mehreren Formen. Egal, der Komfort ließ hier insgesamt zu wünschen übrig. Ich hatte zum Glück einen Schlafsack dabei, eine zweite Decke fehlte in unserem Zimmer: Warmes Wasser war auch Fehlanzeige.

Auf der einstündigen Fahrt zum Ausgangspunkt stellte sich uns die Frage: Was tun wir hier? Es regnete, es war dunkel.

Ob das heute was wird mit dem Gipfelerfolg?

Um 5:50 liefen wir los. Es war bereits hell. Die HTG per Ski, die Bergspechte, die mit uns starteten, trugen ihre Skier. Man musste ein bisschen suchen nach den Schneeschneisen, wenn man nicht zwischendurch abschnallen wollte. Es begann richtig zu regnen, alle zogen sich die Hardshells über. Weiter. Es graupelte leicht, langsam wurde es weniger.

Graupel

Wir gingen über Südost-Hänge, wo bei gleicher Höhe wie gestern mit Nordlage deutlich weniger Schnee lag. Ab der großen Mulde gingen beide Gruppen den gleichen Weg. Man meinte wunder, welche Massen an Leuten hier unterwegs wären. Dabei waren wir insgesamt knapp 30 Personen.

Menschenschlange

Das Feld zog sich schnell auseinander. Die Skitourengeher hängten die Schneeschuhleute ab. Bei der Brotzeitpause traf man sich wieder. Im Laufe des Vormittags kam die Sonne raus, und die hatte hier richtig Kraft, gebündelt durch die Form des Tales, durch das es ewig aufwärts ging. Fror man morgens, war man nun am Schwitzen. Der Anstieg zog sich hin bei weit zu gehender Strecke.  Der Himmel war blau, aber rings rum tauchten dicke Quellwolken auf. Ob es zeitlich reichen wird? Werden wir den Gipfel noch ohne Wolken erreichen? Je höher wir kamen, desto höher stiegen die Wolken.

Wolken ziehen auf

Der letzte Steilhang hatte es in sich, zum Glück war der Schnee inzwischen griffig und die Murnauer hatten eine gute, weil flache Spur gelegt. Oben? Nein, dieser erloschene Vulkan hat mehrere Erhöhungen auf einem weitläufigen Gipfelplateau und so ging es über das wellige Plateau und nochmals gut 50 Hm hinauf. Die letzten 10 Hm ohne Ski. Oben! Jetzt tatsächlich (gesamt 1750 Hm und 18 km).

Gipfel Süphan

Für Mehmet war es sein erster 4000er und das in seinem Heimatland Türkei! Wir freuten uns alle richtig für ihn.

Mehmet

Das Wetter hielt. Der Steilhang war ein Traum, genug Platz für weite Schwünge! Auch die folgende Abfahrt durch das lange, lange Tal war vom Schnee her cool, allerdings nahmen uns die aufziehenden Wolken immer mal wieder den Kontrast. Wir fuhren Formation. Das Ergebnis könnt Ihr beim Vortrag im  Herbst in Augenschein nehmen.

Ab der großen, flachen Mulde war es sehr, sehr sulzig. Ein Gewittergrollen trieb uns zur Eile und wir erreichten, begleitet von starken Windböen, noch vor dem Regen unseren Bus.

Über die Schotterpiste ging es zurück. Bei Tageslicht sahen wir jetzt im Ort Aydenlar viel (Plastik-)Müll liegen. Ob es hier gar keine Müllabfuhr gibt? Jedenfalls wurde die herbe Schönheit dieser Landschaft durch diese Müllmengen stark gestört.

Nun, da wir bei gutem Wetter am Gipfel gewesen waren und eine Traumabfahrt genossen hatten, waren alle froh, dass Yildirim gestern bei seinem Plan blieb, und den Süphan nicht um einen Tag nach hinten zu verschieben. Alles richtig gemacht, und so wird es die ganze Woche bleiben! Das Wetter, die Gruppe und vor allem die Organisation durch unseren Führer Yildirim waren: PERFEKT!

Unser Guide Yildirim

Für die knapp 200 Km nach Dogubayazit brauchten wir gut 3,5 Stunden. Es ging über Ercis und Karahan dem Van See entlang retour und dann über Muriye nach NO über einen 2100m hohen Pass. Wir sahen den Grenzzaun zum Iran, überall Militär und unterwegs gelegentlich Straßensperren mit Kontrollen. Nur einmal mussten wir die Ausweise vorzeigen. Mehmet meinte, die Posten seien alle vernetzt und wüssten schon, wer wir sind. Vielleicht war es aber auch der strenge Duft, der den Kontrolleuren aus dem Bus entgegenschlug, welcher sie abhielt einzusteigen. Zumindest bei Einem war das offensichtlich so… .

Je höher wir auf dem Pass kamen, desto mehr Schnee lag. Der Vulkan links von uns mit seinen ausgedehnten Lavafeldern zeigte daher ein richtiges Zebramuster. Eine karge und faszinierende Landschaft!

Vulkan mit Zebramuster

Und dann öffnete sich nach der Passhöhe der Blick auf die weite Ebene von Dogubayazit mit den seltsam schroffen Bergen im der Mitte. Und da, ganz im Osten der Fläche, da sahen wir IHN zum ersten Mal: Den Ararat! Welch ein Anblick!

Erster Blick auf den Ararat

Oben in Wolken, aber es konnte nur dieses Bergmassiv sein: Die Richtung passte und er war deutlich höher als alle anderen Berge. Klick, klick: Wir werden noch zahlreiche Bilder von ihm machen.

Dogubayazit liegt heute in der Ebene, bis zum ersten Weltkrieg schmiegte sich die (damals komplett zerstörte) Stadt allerdings zu Füßen eines Palastes an einen Berghang. Früher brauchte man die Ebene vermutlich für die Landwirtschaft. Das moderne Dogubayazit ist eine 80000 Einwohner zählende Stadt mit keinen historischen Sehenswürdigkeiten. Unser Hotel „Dogus“, war deutlich komfortabler als das gestrige. Es lag direkt im Zentrum an der Fußgängerzone. Wir nahmen eine deutliche Veränderung des öffentlichen Lebens wahr: Hauptsächlich prägten Männer das öffentliche Straßenbild und die wenigen Frauen trugen fast alle Kopftuch, einige vollverschleiert. Möglicherweise sind das Frauen aus dem Iran, der hier nur 20km weit entfernt ist?

Nach dem Duschen gingen wir rasch einkaufen: Vor allem Trinkwasser, das es günstig in Plastikflaschen gab. Nachteil: Diese lagen überall als Müll rum, vor allem auch am Berg!

Zum Abendessen hatten wir, in Ermangelung von alkoholischen Getränken, ein neues Lieblingsgetränk neben Wasser entdeckt: Ayran. Lecker! Das Essen war wieder sehr gut, wenngleich recht Fleisch-lastig. Aber mal ehrlich: Das ist auch bei uns in den meisten Gasthäusern immer noch so. Gut, dass die Vegetarier der Gruppe nicht dogmatisch sind. Es fand sich immer was Leckeres.

Ein herrlicher, mit Erlebnissen dicht gepackter Tag ging zu Ende.

Nach unseren beiden Gipfelerfolgen der Vortage, stand heute (16.4.) erst mal ein Ruhetag in der Umgebung von Dogubayazit, zur Vorbereitung auf unser großes Ziel an.

Gut ausgeschlafen genossen wir das reichhaltige anatolische Frühstücksbuffet, mit Suppe, Oliven und vielen Weißkäsesorten.

Wir traten vor unserem Hotel auf die Straße, und richten unseren Blick nach Norden, dort ragte wolkenlos, der schneebedeckte Vulkankegel des Ararat in den Himmel. Ein beeindruckender Anblick !!!  

Anschließend erkundeten wir die Umgebung unseres Hotels, gingen durch die Gassen der Stadt und durch die Innenhöfe mit Teeausschank.

An den Markständen in der Innenstadt wurde uns das reichhaltige heimische Angebot präsentiert und natürlich auch zur Verkostung angeboten.

Am späten Vormittag ging es mit einem Kleinbus in die Umgebung der Stadt. Nach einer halbstündigen Fahrt, erreichten wir auf einer Höhe von 2500 m den Ishak – Pascha Palast  

Die Anlage liegt umgeben von schroffen Felswänden, in denen noch die Reste der früheren Stadt zu erkennen sind, in der kargen Landschaft Ostanatoliens nahe der Iranischen Grenze. Erbaut wurde dieser gut erhaltene Palast zwischen den Jahren 1685 und 1784.

Wir besichtigten den Innenhof, die Lagerräume in den Kellergewölben, die Küchenräume, das Divanzimmer und die Haremsräume. Im Mittelpunkt der Palastanlage befindet sich die Moschee mit einem beeindruckenden Deckengewölbe. Ein Schild am Eingang weist ausdrücklich auf das Ausziehen der Schuhe vor dem Betreten hin. So standen dann unsere Bergstiefel aufgereiht vor dem Portal.

Nach der anstrengenden Besichtigung schlug uns Yildrim, unser Bergführer, vor, ihn und seine beiden Kollegen, Rachman und Gülcicek, noch in das örtliche Hamam zu begleiten.

Im Badehaus war die Ausstattung der Männer mit Badebekleidung kein Problem, nur unsere Damen mussten sich mit einem äußerst knappen Handtuch begnügen. Zwischen den verschiedenen Anwendungen in der Sauna, im Dampfbad und auf dem heißen Stein unter dem orientalischen Hamamgewölbe, wurde uns immer wieder Tee serviert. Als Abschluss gab es noch eine kräftige Massage mit Hautpeeling. Jetzt waren unsere Muskeln und Gelenke für die Aufgaben der kommenden Tage gut vorbereitet.

Bei einem landestypischen Abendessen mit frisch gebackenem Fladenbrot ließen wir den Abend ausklingen.

Nach unserem Ruhe-, Pack- und Sightseeing Tag ging es am Mittwoch, 17. April,  morgens um 8:30 ans Einladen unseres Expeditionsgepäcks (Skitasche und Dufflebag) und dann nach Nordosten aus Dogubayazit heraus Richtung Ararat, den man dabei die ganze Zeit in seiner gewaltigen Form vor Augen hatte.

Auf 2200 m, nahe dem Ort Cevirme, war die Autofahrt beendet und das Gepäck wurde auf Pferde umgeladen. Dieses mal waren wir (und unsere Pferde) gut beschützt vor Bären oder anderen Wildtieren.

Während die Pferde mit unseren Ski- und Packtaschen beladen wurden ging es zu Fuß los mit leichtem Tagesgepäck und immer dem Tourenziel im Blick. Unterwegs  gab es Muße, um die erwachende Flora zu bestaunen. Bald wurden wir vom Pferde-Trek überholt.

Circa 250 Hm vor dem Basislager erschwerte aufgeweichter Schnee das Vorankommen. Auf den letzten paar Metern ging es vorbei an einer Kamera-/Wetterstation durch verblocktes Gelände, um dann schließlich den schneefreien Lagerplatz zu erreichen.

Dort waren wir die ersten und konnten uns passende Zeltplätze aussuchen. Dennoch mussten wir dabei einen Graben längs durchs Lager ziehen, um das Schmelzwasser kontrolliert durchzuleiten.  Die Gruppe nach uns hatte damit aber leider einen kleinen Bach, der durch ihr Essenszelt lief.

Nachdem wir ein für die einfachen Umstände erstaunlich vielfältiges Abendessen von unserem Koch Murat gezaubert bekamen, galt es noch alle benötigte windfeste Kleidung und Ausrüstung in und am Rucksack zu verstauen.

Bald nach der Abenddämmerung und Blick auf die Lichter von Dogubayazit legten wir uns für eine kurze, klare und damit doch kalte Nacht in unsere Zelte, aber die Anspannung vor dem Gipfelsturm verhinderte einen tiefen Schlaf.

Kaum war Donnerstag, der 18. April, angebrochen, klingelte auch schon der Wecker um 1 Uhr. Verschlafen schälten wir uns aus den Schlafsäcken und in die verschiedenen Schichten unserer Kleidung. Nach einem kurzen Frühstück, der Hunger hielt sich in Grenzen, ging es mit freudiger Erwartung um 01:45 los.

Die Felle waren schon am Vorabend aufgezogen worden. Stirnlampen anschalten, Harscheisen anlegen, in die Bindung einklicken – alles ging ganz automatisch. Eine klare Ansage gab es dann von Yildirim: Er geht als erster vorne, alle bleiben hinter ihm, und die beiden anderen Guides bilden die Nachhut (zumindest bis es hell wird). So zogen wir hintereinander in die dunkle, aber sternenklare Nacht.

Einzig der Klang der durchaus notwendigen Harscheisen auf dem hart gefrorenen Schnee begleitete uns bis zur ersten Pause nach einer guten Stunde auf einem kleinen Plateau. Hinter uns schienen die Lichter von Dogubayazit herauf.

Es ging zunächst monoton weiter, Rinne nach Rinne, stets steil und mit unzähligen Spitzkehren. Die beiden Guides hinten waren zwar gute Alpinisten, aber offensichtlich auf Skiern etwas unsicher bei den Spitzkehren und diesen Verhältnissen. Sie schnallten ab und folgten uns zu Fuß mit den Skiern am Rucksack, aber ohne Steigeisen! Langsam wurde es hell und wir sahen zumindest Umrisse von der Umgebung und dem zurückgelegten Weg.

Etwas später war auch der riesige Schatten des Ararat sichtbar, den dieser markante Berg durch seine Kegelform wirft. Ebenso rückte der kleine Ararat in den Blick und es kam etwas Leben in unsere Gruppe.

Nach 1000 Hm und unzähligen Spitzkehren kamen wir am Skidepot bei rund 4400 m im ersten Sonnenschein an. .Ein kalter Wind ließ uns bald wieder aufbrechen.

Nun ging es zu Fuß weiter für die restlichen 750 Hm. Zunächst mühten wir uns einen blockigen, schneedurchsetzten aber gut zu gehenden Felsrücken empor. Der Weg blieb durchgehend steil und ließ wenig Verschnaufpausen für die Waden.

Nach etlichen kleineren Pausen, die die Gruppe wieder zusammenbrachten, kamen wir knapp unter 5.000 m auf einen schneebedeckten Rücken, wo der ersehnte Gipfel bereits zum Greifen nah erschien.

Nach dem Anlegen der Steigeisen ging es weiter mit böigem Wind von Westen. Die restlichen Höhenmeter im vom Wind gepressten, harten Schnee wollten nicht enden.

Die letzten Schritte über eine eisige Kuppe führten zum Gipfel des Ararat auf 5.137 m hinauf. Wind und Sonne hatten hier ganze Arbeit geleistet.

Um 10:21 hatten wir den höchsten Punkt erreicht. Unterhalb des Gipfels an einer Scharte im Windschatten legten wir unsere Rucksäcke ab. Es blieb sehr frisch und die warmen Daunenjacken und Handschuhe kamen jetzt zum Einsatz.

Nach und nach, jeder mit seinem Tempo in dieser Höhe, trafen wir glücklich am Gipfel ein. Nach etlichen Gipfel-Fotos und Selfies formierten wir uns zu einem Gruppenfoto mit Banner vom Alpenkranzl. Wir waren alle so dicke eingepackt, so dass man schon raten muss, wer wo auf dem Bild steht.

Nach einiger Zeit mussten wir wieder aufbrechen, da der Wind und die Höhe uns auskühlten und es stand uns noch der lange Abstieg bis zum Skidepot bevor. Es ging grundsätzlich den gleichen Weg zurück. Wir versuchten jedoch möglichst lange in Schneerinnen zu bleiben und kamen mit den Steigeisen trotz weichem Schnee zügig fast bis zum Skidepot.

Die Abfahrt mit Ski war dann bereits gegen Mittag und aufgrund der Sonneneinstrahlung entsprechend spät-winterlich. Dadurch fanden wir nur sehr begrenzt schöne Abschnitte mit firnähnlichen Verhältnissen.

Nach fast 12 Stunden waren wir ohne größere Blessuren wieder im Basislager zurück. Bei sonnigen und angenehmen Temperaturen entspannten sich alle Gesichter und Zufriedenheit machte sich breit. Ein sehr gutes Wetterfenster hatte uns einen außergewöhnlichen, tollen Gipfeltag ermöglicht!

Den restlichen Nachmittag verbrachten wir nach einer Stärkung bei Tee und Snacks mit wohltuender Entspannung sowie dem Trocknen der Ausrüstung und Kleidung. Gegen Abend blies der Wind wieder stärker und wir verstauten unsere Ausrüstung bevor sie die Böen mit sich rissen. Nach dem Abendessen und dem anschließenden Sonnenuntergang wurde es rasch kalt im Base Camp. Der Wind wirbelte viel Staub auf, der auch in die Zelte drang. Erschöpft und glücklich krochen wir bereits um 19:00 in unsre Schlafsäcke. Es war ein sehr langer, anstrengender Tag, der uns gut schlafen ließ und uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Nachdem alle nach der gestrigen Königsetappe gut und schnell eingeschlafen waren, wurden wir am Morgen des 19.4. unsanft durch starken und kalten, um die Zelte pfeifenden Wind geweckt. Eingemummt in unsere Schlafsäcke und noch immer ein bisschen erschöpft von der Gipfeltour fiel das Aufstehen und Verlassen des Zeltes schwer. Die nicht vorhandenen sanitären Einrichtungen erleichterten das Aufstehen auch nicht gerade. Nachdem im Laufe der Stunden der Wind nachließ und uns im Kochzelt um 08.00 Uhr ein reichhaltiges Frühstück erwartete, kamen am Schluss aber doch alle aus ihren Zelten gekrochen. Beim Frühstück stellten wir dann fest, dass die Gesichter und Hände einiger Teilnehmer recht aufgedunsen bzw. angeschwollen waren. Unser Fachmann Rudi erklärte uns, dass die Kapillaren in der Höhe Undichtigkeiten bekommen und Wasser ins Gewebe abgeben, beruhigte uns aber, dass sich dies recht schnell wieder legen würde. Insgesamt konnten wir unser Glück, ob der gestrigen optimalen Bedingungen zur Besteigung des Ararat, und unseren Gipfelerfolg dann auch so langsam begreifen.

Nach dem Frühstück packten wir unser Sachen und bauten die Zelte ab, welche wir für die Pferde, die um 10:00 Uhr erwartet wurden, bereitlegten. Nach einem letzten Foto machten wir uns bereits vorab an den Abstieg, wobei wir diesen zum Müllsammeln nutzten und hierbei leider eine reiche Ausbeute machten.

Nachdem wir und die Pferde am Auto angekommen waren, verabschiedeten wir uns von unserem Koch, den Reitern und Pferden und fuhren zurück nach Dogubayazit, wo wir am frühen Nachmittag im Hotel ankamen und dort eincheckten. Der Nachmittag stand dann zur freien Verfügung, einige ruhten im Hotel aus, andere machten einen Stadtbummel und einige besuchten erneut den Hamam.

Am Abend fuhren wir dann zu einem etwas außerhalb liegenden Restaurant, wo wir sehr gut, üppig und wie immer ziemlich fleischlastig verköstigt wurden. In der neben dem Restaurant gelegenen Teppichmanufaktur konnten wir im Anschluss Teppiche bewundern und uns etwas zu deren Herstellung erklären lassen, wobei sich, wie erwartet, niemand zu einem Kauf entschloss. Danach ging es zurück ins Hotel, wo alle recht schnell zu Bett gingen.

Auch am nächsten Tag (20.4.) begrüßte uns der Sonnenschein und uns erwartete wieder ein umfangreiches Frühstück. Die Stimmung war allgemein gut, erwies sich doch unser „großer Berg“ etwas weniger kalt und stürmisch, als wir es bei unseren Planungen zuhause in den schlimmsten Szenarien befürchtet hatten. Ja, und so langsam stellte sich auch schon eine gewisse Vorfreude auf Daheim ein.

Also noch die letzten Sachen in den Seesack gesteckt und ab ging´s Richtung Van, unserer ersten Station in Ost-Anatolien. Unser Transportservice, glänzte wieder mit einer Pünktlichkeit, von der man sich hierzulande eine Scheibe abschneiden könnte.

Dann sagten wir der sympathischen kleinen Stadt Dogubayazit ade. Es ging auf der sehr gut ausgebauten Straße (2 Spuren in jede Richtung) nach Süden. Teilweise war die türkisch-iranische Grenze nur wenige km entfernt. Entsprechend gab es den einen oder anderen Kontrollposten und militärische Sperrgebiete. Bald erreichten wir den Van-See und fuhren an dessen Ufer entlang nach Van. Doch unser Ziel war zunächst nicht die Stadt selbst, sondern die im Süden des Sees gelegene Insel Akdamar mit einer armenischen Kirche aus dem 10. Jahrhundert. Auf dem Weg dorthin konnten wir nochmals einen Blick auf den Monte Artos werfen, unserem ersten Berg hier in Ost-Anatolien.

Per Schiff ging es dann mit vielen anderen Besuchern auf die Insel zur armenischen Kirche „Zum heiligen Kreuz“.  Nach so viel Einsamkeit in den Bergen waren wir dann vom Besucherandrang doch etwas überrascht. Der Vergleich mit unserem Neuschwanstein war nicht ganz abwegig. Nichtsdestoweniger war die Anlage sehr interessant, waren doch mangels Autoabgase, fast alle Ornamente an der alten Kirche gut erhalten.

Dazu kommt noch die einmalige Lage mit den schneebedeckten Bergen im Hintergrund.

Van ist berühmt für die gleichnamige Katzenrasse, die in der Regel makellos weiß sind. Zurück in Van mussten wir dann natürlich auch das Katzenhaus besuchen. Besonders auffällig waren die unterschiedlichen Augenfarben bei manchen Tieren.

Wir bezogen dann wieder unser, von der Ankunft her bekanntes Hotel und aßen nochmals sehr gut zu Abend.

Anschließend teilte sich die Gruppe: während ein Teil noch Vorbereitungen für die Heimreise treffen musste, wollte der andere Teil noch das Nachtleben in Van erkunden.

Am Samstag, 21.4., wurden nach dem Frühstückbuffet noch die letzten Dinge ins Fluggepäck verstaut und im Hotelfoyer von Bergführern herzlich Abschied genommen.

 Dann ging es mit zwei Kleinbussen zum Flughafen. Wir waren überrascht ob der vielen Leute und langen Schlangen. Zu allem Überfluss streikten an unserem Check-in-Schalter die Drucker, so dass eine Stunde nichts vorwärts ging und sich langsam Nervosität breit machte. Dafür war die Aufgabe des Sperrgepäcks ganz unkompliziert, so dass wir rechtzeitig und erleichtert zum Boarding nach Istanbul bereit standen. Der Flug über den Van Gölü und die schneebedeckten Berggipfel ließ uns wehmütig Abschied nehmen von Ostanatolien.

In Istanbul konnten wir dieses Mal den langen Weg zum Abflugterminal entspannt auf uns nehmen, da unser Gepäck schon nach München durchgecheckt war.  Nach knapp drei Stunden Flug landeten wir am Abend sicher in München, sammelten unser Gepäck ein und wurden von unseren Abholern freudig begrüßt. Glücklich und voll mit unvergesslichen Eindrücken von der Osttürkei mit den hohen Bergen und den gastfreundlichen Bewohnern kehrte jeder nach Hause zurück.  

Tagesberichte von Renate Resch, Christoph Weber, Constanze Klotz, Wolfgang Lex, Stefan Schächer, Christian Reischl, Sabine Rübner, Rainer Preis und Rudi Riepl

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