Gratüberschreitung vom Zwiesel zum Hochstaufen

Wie aus Hochtouren im Kaunertal eine Nacht auf dem Reichenhaller Haus wurde

14.-15.7.24, mit Karola Rübensaal – Wer sich beim Lesen des Berichts wundert, wieso er diese Tour nicht im Programmheft gelesen hat – ganz einfach: Da stand sie nicht drin – also, zumindest ned so!

Ursprünglich wollten die Teilnehmer vom Donnerstag bis Sonntag Hochtouren im Kaunertal unternehmen. Nachdem das Wetter aber leider genau an den beiden mittleren Tag so dermaßen schlecht angesagt war, musste die Tour abgesagt werden. Aber einfach daheim bleiben, wenn Sonntag und Montag doch bestes Bergwetter versprachen? Nein, da musste schon ein Trostpflaster her! So kam es, dass die eigentlich 2. Tourenleitung zur 1. wurde und glücklicherweise 6 Teilnehmer Zeit (der Montag war ja ursprünglich nicht dabei gewesen) hatten, um zur wunderbaren Gratüberschreitung im östlichen Chiemgau zu starten.

Von drei unterschiedlichen Ausgangspunkten angereist, standen alle um 9 Uhr am Forsthaus Adlgaß abmarschbereit. Anfangs war der Weg im Wald noch breit, aber schnell wurde er zu einem schmalen, stellenweisen sehr steilen Steig. Die Luftfeuchtigkeit im Wald war extrem hoch und der Schweiß floss in Strömen. Die umliegenden Gipfel kuschelten sich noch in Wolken. In Richtung der Scharte warteten dann die ersten Felspassagen und Drahtseile auf uns. An der Scharte angekommen stellten wir fest, dass auch der Blick Richtung Süden noch wolkenverhangen war und uns keine Aussicht bot – das war doch anders gemeldet gewesen?

Wer hat die Gipfel versteckt?

Am Grat entlang brachte uns ein netter Steig zum Gipfel des Zwiesels (1.756m). Mittlerweile war es Mittag und wir gönnten uns eine Pause am Kreuz mit immer noch wenig Aussicht.

Aufm Zwiesel

Von unserem Ziel, dem Hochstaufen, war nix zu sehen.

Abgeschnitten

Nach der Pause begann der lange Abstieg in den tiefen Einschnitt zwischen Zenokopf und Mittelstaufen. Über 400 Hm geht es da wieder runter im teils sehr anspruchsvollen Wandergelände: steil, felsig, schmal, geröllig und mit einigen Drahtseilen versehen.

Am Drahtseil

Alle hatten ihren Spaß und freuten sich über den abwechslungsreichen Weg. Irgendwann waren wir unten angelangt und nun ging es wieder bergauf. Über unzählige Felsnasen und Zacken blieb es ein stetiges bergauf und bergab mit vielen kleinen Kraxelpassagen.

Über 1000 Zacken musst du kraxeln

Ich persönlich finde diesen gar nicht so bekannten Grat abseits der Hauptrouten als eine der schönsten Wanderungen der Region. Endlich wurden auch die Wolken etwas lichter, so dass wir unser Ziel und auch die Umgebung besser sehen konnten.

Das Ziel vor Augen

Und vielleicht war es auch gar nicht so schlecht, dass die Sonne uns nicht total aufs Haupt brannte. Denn heiß war es auch so und Höhenmeter waren es auch gewaltig viele, so dass wir alle froh waren, als wir am Mittelstaufen wieder eine Pause einlegten. Uta verabschiedete sich hier von der Gruppe, denn sie musste heute noch ganz nach unten und wieder nach Hause fahren.

Hand angelegt

Der Rest genoss noch etwas die Aussicht, um dann die letzte Wegpassage zum Reichenhaller Haus zu meistern. Ein kleiner schrofiger Abstieg vom Mittelstaufen, dann vereinte sich unser Weg mit dem Wanderweg, der von Reichenhall aus heraufführt. Nun waren die anspruchsvollen Passagen geschafft und wir marschierten recht gemütlich zum Reichenhaller Haus (1.750m). Dieses ist eine wahre Aussichtskanzel: oben die Berchtesgadender Berge mit allem was da Rang und Namen hat und unten Bad Reichenhall und Salzburg. Und das Wetter wurde immer besser.

Langsam reißt’s auf
Von ganz da hinten sind wir gekommen

Daniel, der neue Hüttenwirt seit 1.7. begrüßte und zeigte uns unser kuschliges 6er Zimmer. Die Hütte hat gerade einmal 20 Schlafplätze und alles ist noch ein bissl wie früher auf den Hütten – sehr gemütlich. Zum Abendessen gab es reichlich leckere Nudeln und zum grande Finale doch noch ein bissl Sonnenuntergangspanorama vom Gipfel des Hochstaufens (1.771m) mit Blick auf den Chiemsee.

Oben Berge, unten Lichter
Sonnenuntergang am Gipfel
Sonnenuntergang hinterm Chiemsee

Die Nacht war eher unruhig. Da hatte doch tatsächlich wer ein ganzes Sägewerk mit auf den Berg getragen! Das tat der guten Laune aber keinen Abbruch, denn am Morgen hatten sich alle Wolken verzogen und das Frühstück auf der Terrasse war ein wahrer Augenschmaus.

Kaffee mit Aussicht

Nachdem der gestrigen Tag mit 1.465 Auf- und 510 Abstiegs-HM recht sportlich war, konnte wir es heute gemütlicher angehen lassen, und gönnten uns noch einen 2. Kaffee mit Aussicht bevor wir uns gemütlich zusammenpackelten. Nach 20 Hm gab es am Gipfel gleich die nächste Pause.

Aufm Hochstaufen

Mittlerweile war es heiß geworden und wir waren froh auf der Nordseite noch den ein oder anderen Schatten zu finden. Der Abstieg nach Adlgaß ist im oberen Teil noch sehr felsig.

Abstieg durch die Nordseite

Auf alle Fälle ist er lang und wir waren alle froh, als wir den wunderschönen Frillensee erreicht haben. Dem wiederum verdankt Inzell seine Eisschnelllauf-Bekanntheit. Denn früher wurden hier am Frillensee, der im Winter komplett im Schatten der Staufen-Nordwand liegt, die Eissschnelllauf-Rennen ausgetragen. Nach einem Päuschen dort ging es zurück zum Auto.

Wunderschöner Frillensee

Niemanden stand der Sinn nach einem Aufstieg zur Bäckeralm wie ursprünglich angedacht. Es war einfach zu heiß. So landeten wir im Gasthaus Hirschbichler unterm Sonnenschirm mit einem Radler in der Hand. Zum Abschluss erfrischten wir uns im Kneippbecken des Kurparks. Das hat wirklich gut getan.

Im Kneipp-Becken

Zwei wunderschöne Tage gingen zu Ende mit einer tollen Gruppe auf einer tollen Tour. Und das ursprüngliche Trostpflaster war am Ende doch für sich ein super Erlebnis.

Leitung und Bericht: Karola Rübensaal
Dabei waren: Angi Flossmann, Uta Metz, Reiner Kaifel, Werner Rypalla, Beatrice Möstl, Martin Wegmeier

Archive