Statt Schneeschuhen unterwegs mit Grödeln
18./19.01.2025 Statt einer Schneeschuhtour erwarteten uns bei Kaiserwetter zwei Touren mit Grödeln, die gegensätzlicher nicht hätten sein können. Als wir unser Ziel nach einer freien Anfahrt nahezu erreicht hatten, bot sich schon mal ein fantastisches Bild. Ein in Eis gehüllter Wald mit der aufgehenden Sonne wies schon mal auf einen wunderschönen Bergtag hin. So gab es am Wanderparkplatz vor der Traditionsgaststätte Gibacht erstmal einen heißen Kaffee und Rosinenbrot zum Aufwärmen.

Schon nach wenigen Metern ging es auf einem alten Schmugglersteig bei leicht ansteigendem Gelände durch den verschneiten Wald. Bald erreichten wir die höchste Erhebung des Gibacht-Bergzuges und somit die beeindruckende Felsformation des Kreuzfelsens mit 938m, welche sich durch die Granitwollsäcke auszeichnete. Nun war es sinnvoll die Grödeln überzuziehen, schon ging es deutlich leichter über den teils schneeharten, teils vereisten Weg durch den verschneiten, aber lichten Wald. Am Drei-Wappen-Felsen 901m stiegen wir über eine eiserne Treppe hinunter zu einem Unterstand und somit der Deutsch-Tschechischen Landesgrenze.

Durch den Grenzvertrag von 1764 zwischen der österreichischen Kaiserin und zugleich Königin von Böhmen, Maria Theresia und dem bayerischen Kurfürst Max III. Joseph (vollständigen Namen Joseph Karl Johann Leopold Ferdinand Nepomuk Alexander von Bayern) wurden die jahrhundertelangen Streitigkeiten durch die Neuvermessung des Grenzverlaufs 1766 unblutig beendet. Dort zeugt heute eine Tafel mit den Wappen des Königreiches Böhmen, des Herzogtums Pfalz und des Kurfürstentums Bayern von diesem Ereignis. Nur knapp zweihundert Jahre später war hier die, durch den „eisernen Vorhang“ verlaufende, Ostgrenze des kalten Krieges.

Entlang des Kammes liefen wir auf dieser Grenze über den Knockhügel 865m und dem Smrčí 939m, übersetzt „Fichtenwuchs“. Weiter ging es einsam und idyllisch durch den mit Sonnenstrahlen durchfluteten und verschneiten Wald. Bald darauf trafen wir auf einen bemalten Grenzstein mit den beiden Wappen des Königreiches Böhmen (rot) und des Herzogtums Pfalz (gelber Löwe). Nachdem wir noch ein paar Meter durch wegloses Gelände liefen, verbrachten wir eine Pause mit einer kleinen Stärkung und heißem Tee in einem weiteren Unterstand.

Weiter ging es, wir sahen uns unserem Ziel deutlich näherkommen. Hier und da blickten wir immer wieder auf die beiden imposanten Türme des Čerchov. Dann folgten wir der verschneiten Spur über eine Anhöhe, dem Gipfel des Na Skalca 1008m, einem „Steingarten“ mit zahlreichen Felsen und Felsblöcken. Dieser gerade mal 500m von unserem Ziel entfernten Gipfel ist er der zweithöchste Gipfel des Böhmerwaldes. Hier ist die ursprünglich vulkanische Aktivität deutlich sichtbar.
Nach den letzten Metern über eine breite Zufahrtsstraße erreichten wir nun den Gipfel des Čerchov, welcher in Deutsch als Schwarzkopf bezeichnet wird. Auffällig ist vor allem die große Fläche mit dem 30m hohen und markanten Militärturm und dem etwas niedrigeren Aussichtsturm aus dem Jahre 1905. Zwischen 1950 und 1990 waren die militärisch streng geheimen Einrichtungen nicht zugänglich. Hier hatten wir eine schöne Aussicht bis hin zu den Alpen.

Nach einem gemütlichen Aufenthalt im einfach gestalteten Bistro waren wir über die günstigen Preise angenehm überrascht und traten unseren Rückweg an. Dieser führte größtenteils etwas westlicher des Grenzverlaufs über kaum begangene Wege, bevor wir bei einem fantastischen Sonnenuntergang zurück am Parkplatz waren.
Zu unserem vorzüglichen Hotel waren es nur ein paar Minuten mit dem Auto nach Waldmünchen. Dort empfang uns die Wirtin herzlich und im familiären Flair mit einem guten Essen. So ließen wir den Abend mit einem wohlverdienten und entspannten Saunagang ausklingen.
Nach einer ruhigen Nacht genossen wir ein gemütliches Sonntagsfrühstück mit allem. So machten wir uns zu unserem zweiten Ziel, dem Osser, auf. Auf der Fahrt genossen wir immer wieder den tollen Blick auf den Čerchov. Allerdings gab es ein folgenschweres Missverständnis bei der Anfahrt zum korrekten Parkplatz. So verloren wir eine geschlagene Stunde da wir auf äußerst glatter Fahrbahn nur zentimeterweise und sehr vorsichtig einige hundert Meter mehr zurück rutschten, als fuhren. Am richtigen Parkplatz angekommen konnten wir ein besonderes Spektakel beobachten. Denn hier nahm eine ganze Meute bei der Kälte ein Eisbad.

Wohl wissend über die eisigen Verhältnisse starteten wir unmittelbar mit unseren Grödeln. Immer wieder war zwischendurch der Weg durch die deutlich wärmeren Temperaturen teils völlig schnee- und eisfrei. Allerdings ging es heute auch deutlich steiler hinauf. Selbst Rico war über die ein oder andere Verschnaufpause sichtlich erfreut.

Nun, endlich an den Osserwiesen auf etwa 1200Hm angekommen, genossen wir den Blick auf den gegenüberliegenden Arber 1456m und das umliegende Bergland bei frühlingshaften Temperaturen. Wir hatten vom Kleinen Osser 1266m nun auch einen wunderbaren Blick auf den Arber und den Großen Osser mit seinen 1293 Metern. Beide Gipfel liegen auf der bayerischen Seite und werden seitens der Einheimischen auch das „Matterhorn des Bayerwaldes“ genannt. Die Tschechen dagegen bezeichnen ihn auch liebevoll als „Brüste der Mutter Gottes“.
Der Name dürfte nach neueren Forschungen keltischer Herkunft sein. Durch hohen Druck wurden im Erdinneren Ablagerungen umgewandelt. Somit ist der Osser im Gegensatz zu allen anderen Bergen des Bayerischen und Oberpfälzer Waldes aus Glimmerschichten und Quarzen aufgebaut. Und auch wegen ihrer spitzen Form gelten beide Gipfel als einzigartig im Bayerischen Wald. Ein damals noch tschecheslowakischer Astronom entdeckte erst 1979 einen ungefähr zehn Kilometer großen Asteroid im Gebiet um den Arber, der nach dem tschechische Nationalpark Šumava benannt wurde.

Auf den letzten Metern zum großen Osser wanderten wir in hochalpiner Umgebung über einen schmalen schneebedeckten Pfad, bevor wir den mit blankem Eis überzogenen Anstieg zum großen Osser erklommen.

Äußerst vorsichtig stiegen wir nun die wenigen Meter zur Osserschutzhütte ab. Wir waren froh über unsere Grödel. Jetzt kehrten wir erstmal ein und genossen die Brotzeit in der zünftigen Hütte.

Nun machten wir uns gestärkt auf den vereisten und dennoch schönen Abstieg. Wir hatten die beiden Tage in angenehmer Atmosphäre und mit fantastischen Erlebnissen genossen und sind wieder gut zu Hause angekommen.
So waren wir hinauf zum Čerchov etwa 16 km bei rund 450 Hm und einer Gehzeit von etwa 5 ½ Stunden und zum Osser etwa 9 km bei rund 575 Hm knapp 6 Stunden unterwegs.

Teilnehmer: Regina und Josef Lichtmannegger, Konrad Holland und Rico
Fotos, Bericht und Tourenleitung: Markus Zimmermann